Obwohl beide Systeme 3,5″ Disketten verwenden, können Amiga-Disketten nicht direkt mit dem Diskettenlaufwerk des PC gelesen oder geschrieben werden. Das liegt an dem grundlegend anderen Format der Amiga Disketten. Amiga Disketten haben eine Speicherkapazität von bis zu 880kB auf einer 3,5″ DS/DD Diskette, gegenüber dem PC-Format von 720kB DS/DD. Anders herum ist es jedoch möglich MS-DOS formatierte Disketten auch mit dem Amiga zu lesen.
Für Amiga Emulatoren am PC hat sich das ADF Imageformat als virtuelles Diskettenformat etabliert. Im Internet gibt es schon lange viele Webseiten, wo man sich Disketten-Images z.B. von Spielen herunterladen kann, um sie dann mit WinUAE oder anderen Emulatoren zu verwenden.
Wie kann man aber ADF Images, auf eine reale Diskette kopieren? Dafür gibt es einige Optionen, die mehr oder weniger aufwändig und/oder kostenintensiv sind. Man könnte z.B. spezielle Floppy-Controller an den PC anschließen, die das Amiga Diskettenformat unterstützen. Daneben gibt es auch eine Lösung, wo der Gotek Emulator zum Einsatz kommt. Allerdings sind diese Optionen nicht einfach mal schnell umgesetzt.
Da ich generell ein recht ungeduldiger Mensch bin, musste also eine schnellere Variante her. Wie diese aussieht, möchte ich euch hier kurz vorstellen.
Ganz ohne Hardware kommt zwar auch meine Lösung nicht aus. Aber im Vergleich zu den oben genannten, werden hier nur günstige Standardkomponenten verwendet, die man eventuell sowieso zu Hause hat.
Was braucht man also an Hardware? Im Grunde nichts weiter als ein Nullmodem-Kabel. Weiterhin benötigt man am Amiga einen Adapter von 9 auf 25 polig und am PC einen USB-Seriell-Adapter. Das war es schon bei die „Hardware-Voraussetzungen“!
Neben der seriellen Kabelverbindung zwischen PC und Amiga, wird noch die Software Amiga Explorer für Windows von Amiga-Forever benötigt, die als Trial Version zum Download zur Verfügung steht. Amiga Explorer kann das Diskettenlaufwerk des Amiga über eine serielle Nullmodem- oder per TCP/IP-Verbindung fernsteuern. Das gute an der Software ist, wenn man auf den grafischen Explorer verzichten kann und sich mit der CLI begnügt, ist die Software sogar dauerhaft kostenlos. Aber dazu komme ich noch.
Und schon kann es los gehen: Zuerst installiert man Amiga Explorer auf dem Windows PC und lädt sich ein ADF-Image aus dem Internet herunter. Außerdem steckt man den Seriell-USB-Adapter in einen freien USB-Port am PC und verbindet das Nullmodem-Kabel damit. Am Amiga steht ein 25 poliger serieller Anschluss zur Verfügung. Hierfür braucht man evtl. den Adapter von 25 auf 9 polig, falls das Nullmodem-Kabel beidseitig nur mit 9 poligen Steckern ausgestattet ist.
Initiales Setup
Jetzt bereitet man den Amiga für die serielle Datenübertragung vor: Man bootet eine Workbench Diskette ab Version 1.3 und wählt dort die Konfiguration der seriellen Schnittstelle aus („Prefs“ > „Serial“). Dort stellt man die Parameter auf die folgenden Werte:
Auf PC-Seite stellt man die Geschwindigkeitsparameter der seriellen Schnittstelle im Gerätemanager ebenfalls auf die gleichen Werte.
Der nächste Schritt ist der hakeligste Teil und es kann durchaus sein, dass er nicht auf Anhieb klappt: Die Übertragung des Amiga Explorer Agents in die RAM-Disk des Amigas (siehe folgende Bilder Slideshow). Der Agent muss nämlich auf dem Amiga gestartet sein, damit Amiga Explorer die Verbindung vom PC aus herstellen und die Fernsteuerung übernehmen kann. Falls die Übertragung scheitert, dann liegt es meist an falschen Parametern der seriellen Verbindung, oder das Kabel ist fehlerhaft (kein Nullmodem-Kabel?). Es könnte jedoch auch ein RAM-Problem am Amiga geben: zu wenig freier Speicher, bzw. defekter RAM. Manche der genannten Probleme lassen sich leichter lösen als andere. Ich hoffe jedoch ihr habt genauso viel Glück wie ich und ihr bekommt die Verbindung hin.
Nachdem der AE-Agent nun in der RAM-Disk liegt, sollte man ihn für die Zukunft gleich mal auf eine Diskette sichern. Anschließend startet man den Agent von der RAM-Disk durch Doppelklick auf das „Amiga Explorer“ Icon. Sofern man nur ein Diskettenlaufwerk zur Verfügung hat, muss dies nämlich frei bleiben für eine leere Diskette auf die wir gleich unser ADF-Image kopieren werden.
Auf PC-Seite findet man den Amiga Explorer im Windows Dateiexplorer, den man dort wie ein normales Laufwerk auswählen kann. Bei der ersten Verwendung ist die Verbindung noch „Offline“. Mit einen Rechtsklick auf das Amiga-Symbol und dann unter „Connection“ > „Serial“ auswählen wird die Verbindung hergestellt und alle Laufwerke des Amiga werden im Windows Explorer Fenster angezeigt. Jetzt reicht es einfach die zuvor heruntergeladene ADF-Datei auf das Amiga Diskettenlaufwerkssymbol zu ziehen und loszulassen. Damit wird der Kopiervorgang gestartet. Dieser Vorgang dauert ca. 10 Minuten und man hört währenddessen das Amiga Floppy arbeiten. Nachdem der Vorgang zu 100% erfolgreich abgeschlossen ist, lässt sich die Diskette im Amiga dann benutzen.
Wer die Trial-Version von Amiga Explorer dauerhaft nutzen möchte, muss leider auf den grafischen „Explorer“ nach Ablauf der Trial-Periode verzichten. Jedoch ist die CLI-Version dauerhaft kostenlos und auch nicht kompliziert zu bedienen. Auf den folgenden Bildern zeige ich Beispiele für die Verwendung der CLI.
Mit dem ae-Kommando kann man außerdem leicht Disketten formatieren. Dafür ist jedoch auf Amiga-Seite mindestens eine Workbench Version 2.0 oder neuer notwendig.
Fazit
Ich finde, dass diese Variante Software auf den Amiga zu bekommen recht einfach umzusetzen ist. Leider ist sie aber nicht die Schnellste, denn die Übertragung per 19,2 kBit dauert eben seine Zeit. Jetzt kann man einwenden, warum überhaupt Disketten am Amiga verwenden, wenn es doch auch USB-Stick Diskettenadapter wie das Gotek Laufwerk gibt auf denen massenhaft Disk-Images Platz haben. Das ist für mich jedoch keine Option, denn ich möchte meine Amigas nicht „verbasteln“, sondern soweit wie möglich im Originalzustand belassen. Deswegen lade ich meine Software lieber weiterhin Old-School per 3,5″ Diskette.
Ich hoffe ich konnte euch mit der kleinen Anleitung dazu motivieren, mal wieder das geliebte Spielzeug aus den 80er hervorzukramen und eine Runde Retro-Games zu zocken. Ich konnte mir damit jedenfalls den Traum verwirklichen endlich mal ein paar Spiele auszuprobieren, die ich früher nicht haben konnte.