VECTREX Spielkonsole von 1982

Vectrex Mini-Arcade-Game-System von 1982

Ich möchte euch heute wieder etwas Besonderes aus meiner Jugend vorstellen: Eine VECTREX Spielkonsole von 1982! Aber was macht sie denn so einzigartig? Das werde ich gerne in diesem Artikel aufklären.

Die VECTREX war weder die erste und auch nicht die meist verkaufte Spielkonsole auf dem Markt. Was ist dann so außergewöhnlich an der Spielkonsole?
Dazu muss ich etwas ausholen: Anfang der 1980er Jahre boomte längst der Spielkonsolenmarkt für den Heimgebrauch. Ausgelöst wurde dieser Boom bereits 1977, als die ATARI VCS-2600 Spielkonsole auf den Markt kam, die statt der begrenzten, fest eingebauten und auf Dauer langweiligen PONG ähnlichen Spiele, bereits wechselbare Spielmodule und Farbgrafik hatte. Endlich konnte man beliebig neue Spiele nachkaufen! Das gab im Übrigen der Computerspielebranche den ersten Boost und Spielefirmen wie ACTIVISION entstanden damals, die sich auf die Entwicklung immer neuer Spiele spezialisierten.

Vector Baby!

Normalerweise wird die Grafik am Bildschirm in Rastern pixelweise angezeigt und die Auflösung hängt vom Grafikmode bzw. vom verfügbaren Grafikspeicher ab. Deswegen sehen Spiele aus der Frühzeit der 8-Bit Spielekonsolen und Computer immer ziemlich grob pixelig aus und zeigen einen deutlichen Treppeneffekt, weil der Grafikspeicher damals eben extrem beschränkt war.

PacMan Klon Clean Sweep

Die VECTREX Spielkonsole verwendet für die Grafik ein komplett anderes Prinzip: Sie arbeitet nämlich stattdessen mit Vektorgrafik. D.h. die Objekte am Bildschirm werden prozessorgesteuert per X-/Y-Koordinaten mittels Lichtstrahl quasi auf den Bildschirm gezeichnet. Also ein völlig anderes Prinzip als bei den anderen Spielekonsolen der Zeit. Dies hat z.B. bei schrägen Linien den Vorteil, dass diese nicht den störenden Treppeneffekt aufweisen. Abgeschaut hat man sich das übrigens von Original Spielhallenkonsolen, wie z.B. Missle Command, Battlezone oder Asteroids, die mit der gleichen Technik arbeiteten. Die VECTREX ist aber bis heute das einzige vektorbasierte Standalone Home Video Game System!

In Amerika wurde das Mini-Arcacde-System, wie es auch genannt wurde, von General Consumer Electronics (GCE) vertrieben. International übernahm der Spielzeughersteller Milton Bradley MB zusammen mit Bandai die Vermarktung (ihr kennt sicher noch die Spielzeug Fernsehwerbung von MB, die immer mit einem riesigen Gong und den Worten „MB präsentiert …“ begann).

Zwei All-In-One-Systeme: Die Ähnlichkeit der Gehäuseform ist frappierend. Links Vectrex, rechts Apple Macintosh

Aber was ist noch cool an der VECTREX Spielkonsole? Na ja, auf jeden Fall das All-In-One-Konzept und der hochkant eingebaute 24 cm Bildschirm. Hmm, irgendwie erinnert mich das Design an den Knubbel-Mac, also dem Apple Macintosh Computer. Die VECTREX hat ebenfalls hinten oben am Gehäuse einen praktischen Tragegriff und den Joystick kann man vorne ins Gehäuse einhängen. Somit ist das System ziemlich portabel.

Bildschirm

Pseudo 3D Effekt bzw. Tiefenwirkung durch skalierbare Vektorgrafik

Der Hochkantbildschirm hat übrigens eine Schwarz-Weiß-Röhre von Samsung. Um die Spiele trotzdem etwas farblich aufzupeppen, war jedem Spiel eine sogenannte Overlay-Folie beigelegt, die man vorne vor die Mattscheibe hängen konnte. Damit wurden interessante Effekte erzielt. Apropos Effekte: Durch die Vektortechnik konnten die Objekte auf dem Bildschirm beliebig skaliert werden. Somit konnte auch ein pseudo 3D-Effekt erzeugt werden. Die Vektorgrafik verleiht den Spielen sowieso einen besonderen Flair. Die Objekte erscheinen zwar als einfarbige Drahtgittermodelle, dafür aber gestochen scharf auf dem Bildschirm. Das alles macht also die VECTREX so einzigartig!

Joystick

Analoger Joystick mit 4 Buttons

Der mitgelieferte Joystick ist ein analoger Joystick mit automatischer Mittelstellung. Anders als bei den digitalen Joysticks von ATARI, QuickShot oder Competition Pro, wo es pro Richtung nur jeweils einen Wert gibt, sind hier Potis für die X-/Y-Koordinaten verbaut, die jeweils 256 Positionswerte zurückliefern und somit eine genauere Steuerung erlauben. Neben dem Joystick befinden sich noch 4 Tasten auf dem Controller für verschiedene Spielfunktionen wie z.B. Feuer. An der Vorderseite des Gehäuses kann auch noch ein optionaler zweiter Joystick angeschlossen werden. Es gab auch noch optionales Zubehör, wie z.B. einen Lightpen, eine Art 3D-Brille oder einen Sprachsynthesizer.

Technik

Die weitere Technik: Motorola 8-Bit CPU 6809E mit 1,5 MHz, 8 kB ROM, 1 kB RAM, die Spiele Module konnten bis zu 32 kB ROM haben. Als Soundchip kam der sehr fortschrittliche AY-3-8912 zum Einsatz, der bereits 3-Kanal-Sound und diverse dynamische Effekte hatte. Der gleiche Soundchip wurde später sogar im ATARI ST (1985) verwendet. Der Sound wurde über den eingebauten Lautsprecher ausgegeben. Er erinnert sehr an den Spielhallen Sound der damaligen Zeit und das war durchaus so beabsichtigt.

Spiele

Clean Sweep Spielmodul und MineStorm Overlay Folie

Ein Spiel ist bereits fest eingebaut und sofort nach dem Einschalten verfügbar: MineStorm, ein Asteroids Klon. Seitlich am Gehäuse gibt es aber einen Slot für weitere Spielmodule. Insgesamt gibt es jedoch nicht sehr viele Original-Spiele für das Mini-Arcade aus der Zeit, da der Vertrieb bereits 1984 wieder eingestellt wurde. Die VECTREX wurde nämlich ebenfalls in den Strudel des großen Videospielecrash von 1984 hineingezogen, ausgelöst durch einen übersättigten Markt, der überschwemmt mit schlechten Computerspielen war. Doch vielleicht auch gerade weil die VECTREX nicht lange am Markt war, genießt sie heute mittlerweile Kultstatus.
Jedenfalls macht es auch heute noch sehr viel Spaß mit der Vectrex zu spielen. Die Spiele sind zwar meist einfache Action- oder Ballerspiele, aber durch die besondere Grafiktechnik kommt eben auch das original Spielhallen Feeling der 80er Jahre auf.

Wie gings weiter?

Nach dem Video Game Crash hatte Milton Bradly kein Interesse mehr an einer Weiterentwicklung und somit gingen die Produktrechte wieder an Smith Engineering zurück, wo man Ende der 1980er Jahre versuchte, die Vectrex als Handheld wiederzubeleben. Leider machte die bevorstehende Einführung des GameBoy von Nintendo im Jahr 1989 solchen Plänen ein für alle Mal einen Strich durch die Rechnung.

Mitte der 1990er Jahre stellte Jay Smith dann großzügig die gesamte Vectrex-Produktlinie der Öffentlichkeit zur Verfügung und ermöglichte so einen legalen, nicht gewinnorientierten Vertrieb. Seit dieser Zeit gibt es wieder eine rege Entwicklergemeinde, die weitere Spiele für die Vectrex auf den Markt bringt. Mittlerweile gibt es auch Multi-Cartridges, wie z.B. Sean Kelly’s Multi-Cart mit über 100 Spielen und es gibt sogar Reproduktionen der Overlay Folien.

Leider haben die Preise für VECTREX Konsolen inzwischen enorm angezogen, oder sind teilweise völlig überzogen hoch. Ich konnte mir jedoch glücklicherweise noch ein gut erhaltenes Gerät zu einem vernünftigen Preis sichern.

Nachdem ich nun Minestorm und CleanSweep, ein Pac-Man Klon, gespielt habe, wurde natürlich meine Lust auf weitere Vektorgrafik basierte Spiele geweckt. Mal sehen, welche Spiele demnächst noch so in meinem Fundus landen.

Weitere Infos:

Viele Infos rund um Vectrex unter anderem auch zur Programmierung: http://www.vectrexmuseum.com/vectrexsystem.php

Vectrex Multi-Cartdridge und Overlay Replicas: http://www.vectrexmulti.com/

Und hier noch ein paar Bilder meiner VECTREX:

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