Dream-Machine: EPSON PX-8 Laptop

Wieder hat ein tolles 8-Bit Gerät den Weg in meine Sammlung gefunden, auf das ich schon lange spekuliert habe: der EPSON PX-8 „Geneva“!

Seit ich den Vorgänger, den EPSON HX-20 in Händen halten durfte, der ja bekanntermaßen 1982 als erster richtiger Laptop auf den Markt kam, wollte ich auch seinen Nachfolger für meine Sammlung haben. Der PX-8 ist von den äußeren Abmessungen nur wenige Millimeter größer als der HX-20 (etwa DIN-A4), knapp 2,2 kg leicht und bringt einige Verbesserungen mit.

Der erste Laptop HX-20 von 1982 (links) und sein Nachfolger, der 1984 auf den Markt kam.

Der Laptop kam 1984 auf den Markt. Damals brachten vergleichbar technisch ausgestattete tragbare Computer locker zwischen 10-15 kg auf die Waage und hatten noch nicht mal einen Akkubetrieb, wie z.B. der Commodore SX64, der Compaq Portable (MS-DOS) oder der Osborne1 (CP/M). Diese Rechner hatten dann auch eher den Ruf eines „Schlepptops“ und wurden beworben als Rechner, die sogar unter einem Flugzeugsitz Platz hatten. Dagegen konnte man den EPSON PX-8 locker im Aktenkoffer mitführen und der eingebaute Akku hielt etwa 8-10 Stunden durch, wodurch tatsächlich unabhängiges Arbeiten möglich wurde. Er hatte neben 64k RAM und 32k ROM auch noch zwei zusätzliche ROM Sockel (bis 32kB) für Softwaremodule und besaß als Betriebssystem das damals sehr weit verbreitete CP/M 2.2. Damit konnte man auf eine große Anzahl an professioneller und für den geschäftlichen Einsatz entwickelter Software zurückgreifen. Die CPU ist Z80 kompatibel und als internes Speichergerät wird wieder ein Micro-Kassettenlaufwerk (bekannt von Anrufbeantwortern) verwendet. Der Clou an diesem Tape-Laufwerk ist, dass es vollständig von der Software gesteuert werden kann. Des weiteren besitzt der PX-8 nun ein größeres LC-Display mit 8 Zeilen und 80 Zeichen, aber leider weiterhin ohne Hintergrundbeleuchtung.

EPSON PX-8 mit Tastatur Abdeckung und zugeklapptem LCD.

Einige Besonderheiten machen den EPSON PX-8 aber, auch noch aus heutiger Sicht, zu einem wirklich coolen Gerät.

Zuallererst hat der PX-8 eine komplette Schreibmaschinentastatur mit gutem Druckpunkt, auf der flüssiges Schreiben im 10-Finger-System möglich ist.

Trotz seiner kompakten Maße, beherbergt der Laptop einen Akku, der den Computer locker 8-10 h durchhalten lässt, was der konsequent stromsparenden Bauweise zu verdanken ist. Dazu zählt auch das LCD, was sogar ohne Hintergrundbeleuchtung auskommen muss. Außerdem gibt es noch einen kleinen Backup-Akku (direkt auf dem Mainboard aufgelötet), der – wenn der Akku geladen werden muss – den Speicherinhalt des RAMs sichert.

Hier ist die RAM-Disk Unit geöffnet und nach hinten geklappt. Man erkennt das Flachbandkabel für die Verbindung mit dem PX-8. Außerdem sieht man die Akku-Packs des Laptops (RB 201) und der RAM-Disk Expansion Unit (RB 101). Nicht zu sehen ist die Backup-Battery, die fest auf dem Mainboard aufgelötet und damit nicht ohne weiteres wechselbar ist.

Mein PX-8 hat außerdem noch eine RAM-Disk Unit, die unter den Laptop geschraubt wird und mit einem Flachbandkabel mit dem Expansion Slot verbunden ist. Diese RAM Erweiterung hat nochmal 128 kB Speicher, von denen 8 kB auf das System der RAM-Disk entfallen und somit 120 kB frei zur Verfügung stehen. Die RAM Erweiterung besitzt nämlich einen eigenen Rechner mit eigener CPU und hat ebenfalls einen eigenen Akku, um den RAM Inhalt zu puffern. Sie wird als sog. RAM Disk eingerichtet und muss deshalb vor der ersten Verwendung formatiert werden. Sie ist dann als Laufwerk A: verfügbar und kann wie ein normales Laufwerk zum Speichern von Programmen oder Dateien verwendet werden. Durch den Akkupuffer bleiben die Dateien auch nach dem Ausschalten erhalten. So eine RAM-Disk war in dieser Form damals für tragbare Geräte außergewöhnlich!

EPSON PX-8 mit RAM Expansion Unit, die am Boden des Laptops festgeschraubt wird. Dadurch wird der Laptop etwas schräg gestellt.

Die zweite Möglichkeit Daten zu speichern, ist das eingebaute Micro-Kassettenlaufwerk, was es auch schon beim HX-20 gab. Während beim HX-20 die Mikrokassette noch vom eingebauten BASIC oder Funktionstasten gesteuert wurde, kann es beim PX-8 vollständig vom CP/M Betriebssystem gesteuert werden. So ist es möglich, die Mikrokassette wie ein normales Laufwerk zu mounten und dann über den Laufwerksbuchstaben H: anzusprechen. Zusätzlich ist es aber auch weiterhin möglich, das Bandlaufwerk mit den vom HX-20 bekannten BASIC Befehlen zu steuern. Bei der Neuinitialisierung wird am Bandanfang ein Inhaltsverzeichnis geschrieben. Dieses Inhaltsverzeichnis wird jedes Mal beim Mountvorgang gelesen und beim Speichern von Dateien entsprechend aktualisiert. Im Inhaltsverzeichnis speichert der PX-8 dann auch die Position der neuen Dateien auf dem Band. Damit entfällt das manuelle Spulen, wie es beim HX-20 noch notwendig war. Das Kassettenlaufwerk wird komplett über die Funktionstasten oder durch Softwarebefehle gesteuert. Mehr über die Bedienung des Tape-Laufwerks erfahrt ihr hier.

EPSON PX-8 mit eingebautem Micro Kassettenlaufwerk und 7 Zeilen LC-Display

Das nächste coole Feature ist die Möglichkeit Software über ROM-Module zu laden. Der PX-8 beherbergt an der Unterseite zwei Chip-Sockel, die über eine Klappe am Boden des Gerätes von außen erreichbar sind. Hier sind in der Standardausstattung ein Modul mit Microsoft BASIC und mit den CP/M-Utils installiert. Diese Module sind über die Laufwerksbuchstaben B: und C: erreichbar. Sie können aber auch ersetzt werden, durch andere ROM-Chips, wie z.B. Portable Wordstar, einem weit verbreiteten Textverarbeitungsprogramm oder Portable Calc und Scheduler. Über diese tauschbaren ROM-Module konnte Software im Vergleich zum Micro-Kassettenlaufwerk sehr schnell geladen werden.

Unter der Bodenklappe befinden sich zwei gesockelte ROM Chips, die auch gegen andere Software Module ausgetauscht werden können (hier zu sehen Microsoft BASIC und CP/M Utils). Außerdem gibt es eine DIP-Switch Leiste für die Wahl des Tastaturlayouts und ein Reset Taster.

Da die Größe des LC-Displays mit 8 Zeilen sehr eingeschränkt ist, gibt es eine weitere coole Funktion, die Virtual Screens genannt wird. Dadurch wird eine Bildschirmseite erheblich vergrößert, indem horizontal und vertikal gescrollt werden kann.

Man muss sich vielleicht in die Zeit Mitte der 80er Jahre versetzen, um nachvollziehen zu können, warum für mich der EPSON PX-8 eine „Dream Machine“ ist. Wenn man ihn nämlich mit anderen Geräten aus dieser Zeit vergleicht und in Anbetracht der kompakten Maße sieht, dann kann man man durchaus von einem herausragenden System sprechen. Natürlich hat er auch seine Schwächen, wie z.B. das in hellen Umgebungen schlecht leserliche Display. Das war aber damals einfach dem Stand der Technik geschuldet. Die dicken „Schlepptops“ von Commodore, Osborne, IBM, Compaq etc. hatten damals noch kleine Röhrenmonitore verbaut, was das Gewicht und den Stromverbrauch enorm nach oben trieb. Und auch der Apple IIc hätte vielleicht ein attraktiver Laptop werden können, aber dort entschied man sich dann doch lieber für einen externen Monitor.

Fünf populäre Laptop- und Wordpad-Computer aus den 80ern. Von oben links im Uhrzeigersinn: EPSON HX-20, EPSON PX-8, Tandy 102, Cambridge Z88 und Amstrad NC100

Ich denke, ich werde dem PX-8 noch einige Zeit widmen, um ihm weitere Geheimnisse zu entlocken. Es macht auf jeden Fall auch heute noch Spaß damit zu arbeiten.

Eine meiner ersten Aktionen war es zum Beispiel, den EPSON Drucker P-40 mit einem selbst gebastelten seriellen Kabel anzuschließen (mehr dazu hier). Der speziell für die EPSON Laptops entwickelte Kompaktdrucker ist ein Thermodrucker und beinhaltet ebenfalls einen Akku, der über das externe Netzteil geladen wird. Somit war man mit dem gesamten Equipment unterwegs völlig unabhängig von einer externen Stromversorgung.

EPSON PX-8 mit Thermodrucker EPSON P-40

Und während die „Schlepptop“-Jungs ihre Kisten im Flugzeug unter dem Sitz verstauten, packte der EPSON Business Man seinen PX-8 auf den Schoß und begann im Flugzeug zu arbeiten 😉

Weitere Infos:

Datenspeicherung anno 1984 mit dem EPSON PX-8

Hier noch ein schöner Artikel, der den PX-8 vorstellt und mit IBM und Apple vergleicht: http://wrcooke.net/projects/pfbdk/PX8_Review_Byte_Feb_84.pdf Und hier gibt es praktische Tipps im Umgang mit dem PX-8 oder HX-20, wie z.B. Batterietausch etc.: https://www.mh-aerotools.de/hp/hx-20/index.htm

Auch der legendäre Computerclub beschäftigte sich mit dem EPSON PX-8: https://www.youtube.com/watch?v=nKsS-kDhgbw

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